Pflege-Not bei Senioren: So einsam wären unsere Alten ohne Migration

Quelle: BILD

Gauting (Bayern) – Die Hass-Fantasien von Rechtsradikalen, Menschen mit ausländischen Wurzeln aus Deutschland wegzuschicken, bestimmen seit Wochen die Schlagzeilen. Was eine solche „Remigration“ für dramatische Folgen hätte, zeigt sich unter anderem in Deutschlands Pflegeheimen: Ganz, ganz viele Pflegekräfte wären über Nacht nicht mehr da und unsere Alten allein.

Im Caritas-Altenheim im Gauting (bei München) hat der Großteil des Personals einen Migrationshintergrund. Auch Heimleiterin Kristina Vincent (41): Sie kam vor 2002 aus Kroatien nach Deutschland. Der Liebe wegen.

„Wir haben hier im Haus einen Anteil von 95 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund“, sagt die Chefin. „Aber sie nehmen uns nicht die Arbeit weg. Sie nehmen uns die Arbeit ab, das ist der Unterschied.“

Die Tagesschicht im Caritas-Altenheim in Gauting. Würden alle Mitarbeiter mit Migrationshintergrund Deutschland morgen verlassen ...

Die Tagesschicht im Caritas-Altenheim in Gauting. Würden alle Mitarbeiter mit Migrationshintergrund Deutschland morgen verlassen ...

Foto: Danny Strasser/ action-camera.eu
… würden aus diesem Pflegeteam nur diese vier in Deutschland geborenen Mitarbeiter übrig bleiben

… würden aus diesem Pflegeteam nur diese vier in Deutschland geborenen Mitarbeiter übrig bleiben

Foto: Danny Strasser/ action-camera.eu

Das Verhältnis ist in allen Altenheimen der Region ähnlich. Was würde passieren, wenn wir auf diese Menschen in Deutschland verzichten müssten? „Ganz einfach, wir müssten zusperren“, sagt Doris Schneider (56), Geschäftsleiterin der Caritas-Altenheime in München und Freising.

Schneider: „Menschen aus anderen Kulturen, etwa von den Philippinen, haben ein ganz anderes, ein sehr respektvolles Verhältnis zu Senioren. Dort sind die Alten nicht in Heimen, sie werden meist von der Familie gepflegt. Aufgrund der niedrigeren Lebenserwartung in solchen Ländern sind aber auch Krankheiten wie Demenz nicht so verbreitet.“

Auch die Heim-Managerin hat eine Migrations-Geschichte: Kristina Vincent (41) kam vor über 20 Jahren aus Kroatien

Auch die Heim-Managerin hat eine Migrations-Geschichte: Kristina Vincent (41) kam vor über 20 Jahren aus Kroatien

Foto: Danny Strasser/ action-camera.eu

Heute steht Gymnastik aus dem Programm des Altenheims. Die Alltagsbegleiterin Asmira Hodzic (42, aus Bosnien) kümmert sich mit der Auszubildenden Clara Paeschke (17) liebevoll um die Senioren. Sie zeigt ihnen, wie sie sich am besten strecken, die Arme dehnen.

Viele genießen die Berührungen. Eine Seniorin fängt plötzlich an, Asmiras Gesicht zu streicheln, als wäre sie ihre Enkelin. Einige Minuten Glück im Senioren-Alltag!

Margret Kratz (89) lebt seit vier Jahren im Heim. Sie hat auch schon erlebt, dass Bewohner gehässig über Menschen mit Migration gesprochen haben. „Das kocht jetzt alles wieder hoch, politisch. Das macht mir Sorge“, sagt sie.

Margret erinnert sich an die dunkle deutsche Vergangenheit, als eine jüdische Freundin in der Nazi-Zeit in die USA flüchten musste, weil die Stimmung in ihrer Heimat immer unerträglicher wurde.

Was wäre, wenn hier im Altenheim keine Ausländer mehr arbeiten dürften? Margret: „Dann ginge es uns schlecht.“ Dann wären die Gänge leer. Und es gebe keine Zeit für Zärtlichkeiten mehr.

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